Denkmuster verändern

Mai 2018 | Kreative Funken

Denkmuster verändern: Raus aus dem Denk-Tunnel!

Wussten Sie eigentlich, dass Ihnen jeden Tag bis zu 60.000 Gedanken durch den Kopf schießen? Eine ziemlich beeindruckende Zahl, oder? Bei einer solchen Gedankenexplosion könnte man eigentlich erwarten, dass sich darunter viele neuartige Einfälle befänden. Leider ist das aber nicht der Fall. Denn über 90 Prozent der Gedanken, die Sie heute denken, haben Sie gestern schon einmal gedacht. Vieles was Ihr Gehirn gedankentechnisch leistet, ist also reine Routinearbeit. Das ist auch nicht weiter schlimm, schließlich könnten wir ohne uns bekannte Strukturen und Rituale gar nicht vernünftig arbeiten oder innovativ sein. Problematisch wird es allerdings, wenn wir uns im Laufe der Zeit durch stetiges Wiederholen der immer gleichen Gedanken unseren eigenen Denk-Tunnel gegraben haben…

Warum selbstverständlich nicht selbstverständlich ist

Gerade wenn es darum geht, wirklich kreative Lösungen für komplexe Fragestellungen zu finden, gehören Denk-Tunnel zu den schlimmsten Innovationsbremsen überhaupt. Sie sorgen dafür, dass wir nur noch stark eingeschränkt und linear denken. Das bedeutet, wir wählen auf Grundlage unseres bereits bekannten Wissens die für uns SELBST-verständlichste Lösung aus. Leider handelt es sich dabei nur um die naheliegendste, nicht aber die beste Lösung.

Typische Kreativitätstechniken wie das Brainstorming helfen in diesem Fall nicht weiter, weil die Assoziationen, die uns spontan einfallen, durch die „Mauern“ unseres Denk-Tunnels begrenzt sind. Die Folge: Bei Themengebieten, die wir bestens zu kennen glauben, fallen uns in der Regel nur sehr naheliegende Assoziationen ein. Außerdem tendieren wir dazu, sofort in Lösungen und nicht in Möglichkeiten zu denken und schränken unsere Assoziationsfähigkeit dadurch noch weiter ein. Da uns alles so selbstverständlich erscheint, werden wir blind für die nicht so selbstverständlichen Assoziationen und Ideen. Wir werden zu einem Opfer unseres Vorwissens…

Wie zu viel Wissen unsere Wahrnehmung trübt

1990 promovierte Elisabeth Newton an der Stanford University mit einer wissenschaftlichen Studie, die beleuchtete, wie unsere Wahrnehmung durch vermeintliches Wissen getrübt wird. Probanden wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt: die „Klopfer“ und die „Zuhörer“. Die Gruppe der Klopfer erhielt eine Liste mit 25 bekannten Songs, wie z. B. „Happy Birthday“ oder der Nationalhymne der USA. Sie sollten sich ein Lied aussuchen und einem Zuhörer mit den Händen auf der Tischplatte den Takt vorklopfen. Die Aufgabe der Zuhörer war es, das Lied aufgrund des geklopften Taktes zu erkennen.

Das überraschende Ergebnis: Die Zuhörer erkannten auf Basis der Klopfgeräusche gerade einmal 2,5 Prozent der Lieder. Interessanterweise stimmte diese Trefferquote nicht mal ansatzweise mit den Einschätzungen der Klopfer überein. Diese schätzen die Chancen ihrer Zuhörer, die Lieder zu erkennen, vorab nämlich auf 50 Prozent, d.h. sie erwarteten, dass ihre Versuchspartner jedes zweite Lied erkennen würden. Warum lagen Sie so daneben?

Wenn ein Klopfender klopft, hört er das Lied im Kopf. Probieren Sie es selbst einmal aus – klopfen Sie „Happy Birthday“. Und schon ist sie da: die Melodie in Ihrem Kopf. Die Zuhörer können die Melodie allerdings nicht hören – sie nehmen nur unzusammenhängende Klopf-Codes wahr. Im Laufe des Experiments waren die Klopfenden immer wieder überrascht, wie schwer es den Zuhörenden fiel, die Melodien zu erkennen. Ihr Problem bestand darin, dass sie über vorhandenes Wissen (den Liedtitel) verfügten. Aus diesem Grund konnten Sie sich überhaupt nicht vorstellen, wie es ist, wenn man dieses Wissen nicht hat.

So verändern Sie Ihre Denkmuster

Wenn wir uns auf einem bestimmten Gebiet bestens auskennen, ist das sehr gut. Wie die obige Studie zeigt, muss Vorwissen aber nicht immer von Vorteil sein. Vor allem beim Suchen kreativer Lösungen kann ein Zuviel an „Tunnelwissen“ unsere Einschätzungen und Ideen trüben. Das ist vor allem dann der Fall, wenn wir vorschnell Schlüsse ziehen, allein unseren Erfahrungen folgen – und am Ende nur konventionelle Lösungen finden. Originelle Ideen erfordern jedoch das genaue Gegenteil: das Ausbrechen aus Ihrem Denk-Tunnel, vergangenen Erfahrungen und Vorgehensweisen. Um wirklich innovativ zu sein, müssen wir unsere Denkmuster verändern und ignorieren, was bisher funktioniert hat. Aber wie schaffen wir das?

Um wirklich innovativ zu sein, müssen wir ignorieren, was bisher funktioniert hat. Share on X

 

Hier sind drei ihrer wichtigsten Erfolgsgeheimnisse, die uns dabei helfen, den Weg aus unserem Denk-Tunnel zu finden und unser Denkstrukturen offener zu halten: Große Erfinder und Denker wie Leonardo da Vinci, Thomas Alva Edison oder Albert Einstein dachten nicht linear, sondern divergent. Sie beleuchteten Probleme immer aus unterschiedlichsten Perspektiven und dachten sich möglichst viele Lösungen aus – unwahrscheinliche ebenso wie wahrscheinliche. Sie alle waren Experten auf Ihrem Gebiet, hielten Ihr Denken aber flexibel, und konnten bei Bedarf jederzeit aus Ihre Denkmuster verändern. Wie gelang Ihnen das?

  1. Breitgefächerte Interessen und Erfahrungen: Entwickeln Sie möglichst breitgefächerte Interessen und sammeln Sie Erfahrungen. Je mehr von dem, was Sie lesen, beobachten und erleben, aus Ihrer Erinnerung abrufbar ist, desto mehr „Material“ steht Ihrem Gehirn zur Verfügung, wenn es nach neuen, ungewöhnlichen Kombinationen sucht.
  2. Ungewöhnliche Ideen: Geben Sie auch Ihren ungewöhnlichen Ideen Raum zum Wachsen und verwerfen Sie sie nicht gleich. Innovative Ideen brauchen jemanden, der seinen inneren Kritiker im richtigen Moment zum Schweigen bringt.
  3. Introspektion: Beobachten Sie regelmäßig Ihre eigenen Denkgewohnheiten. Greifen Sie immer wieder auf die gleichen Lösungsstrategien zurück? Verwerfen Sie vorschnell Ideen, die nicht der Norm entsprechen? Nur wenn Sie Ihre Denk-Tunnel (er)kennen, können Sie diese auch verlassen.
Innovative Ideen brauchen jemanden, der seinen inneren Kritiker im richtigen Moment zum Schweigen bringt. Share on X

 

Tipp: Schauen Sie über Ihren „Tunnelrand“

Gehen Sie zum größten Zeitungskiosk in Ihrer Nähe. Stöbern Sie ca. 30 Minuten. Kaufen Sie am Ende mindestens drei Zeitschriften oder Magazine, die Sie vorher noch nie gelesen haben. Schauen Sie diese Zeitschriften aufmerksam durch. Suchen Sie darin nach außergewöhnlichen Verbindungen zu Ihrer Arbeit und neuen Impulsen für Ihr Leben. Lassen Sie sich inspirieren und versuchen Sie, Ihre typischen Denkmuster zu verändern.

 

Photo by Stefan Kunze on Unsplash.